Normalerweise ärgere ich mich nicht mehr über bestimmte Journalisten der polnischen Presse. Diesmal aber schon.
Vor wenigen Tagen schrieb mir Madeleine Janssen im Auftrag der Zeitschrift Politika und wollte ein Interview. Warum nicht, dachte ich und antwortete ausführlich auf Ihre Fragen.
Dann sah ich heute Ihren Artikel und war ziemlich erstaunt über so eine Chuzpe, insbesondere einer jungen Journalistin, die die angesehene Henri-Nannen-Journalistenschule besucht hatte.
Deshalb hier zum einen ihre Fragen und meine Antworten und dann der Artikel. Er ist leider in polnisch, aber über google-Übersetzer wird doch einiges klar. Das Interview spielte überhaupt keine Rolle, sondern nur journalistische Schmutzkampagne.
Hier das Interview:
Sehr geehrter Herr Roth,
ich arbeite aktuell als Stipendiatin der Robert-Bosch-Stiftung in der Online-Redaktion der POLITYKA in Warschau. In der vergangenen Woche habe ich die Druckfahne Ihrer „Verschlussakte S.“ gelesen, dazu habe ich nun ein paar Fragen.
Der POLITYKA geht es darum, den Autoren vorzustellen, der sich so intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat. Informationshalber setze ich den Chef der Online-Redaktion, Grzegorz Rzeczkowski, in CC dieser Mail.
Madeleine Janssen: Sie haben schon einige Bücher über Themen in Osteuropa geschrieben. Was reizt Sie besonders daran? Warum immer wieder der Osten?
Juergen Roth: Ich beschäftige mich seit über 13 Jahren ziemlich ausschließlich mit organisierte Kriminalität und Korruption in Osteuropa und Russland und habe darüber zahlreiche Bücher geschrieben. Mich interessiert insbesondere der unterschiedliche Transformationsprozess in den verschiedenen Ländern der einstigen UdSSR und wer die Profiteure sind. Reizvoll ist daran überhaupt nichts, weil es immer nur um wirtschaftlichen und politischen Schmutz geht. Ich glaube aber das darüber aufgeklärt werden muss.
Zuvor hatte ich mich übrigens auch mit Organisierter Kriminalität und Korruption in Westeuropa ausführlich beschäftigt, auch mein letztes Buch „Der stille Putsch“ beschäftigt sich damit. Journalistisch ist wichtig, dass man sich mit zentralen politisch-gesellschaftlichen Themen sachkundig beschäftigt und zwar nachhaltig. Nachhaltig bedeutet, dass man nicht von einem Thema zum anderen hüpft. Und das mache ich nun seit über einem Jahrzehnt.
Das ist auch der Grund, warum ich häufig bei Polizeikongressen und bei der Polizei Vorträge halte. Ich darf Sie an die Meldung von Spiegel-Online vom 18.6.2007 erinnern, wo über mein Buch „Der Deutschland-Clan“ der Rezensent schreibt: „Jürgen Roth ist der journalistische Quälgeist der Korrupten und Mächtigen.”
Madeleine Janssen: Sprechen Sie Polnisch oder Russisch?
Juergen Roth: Nein.
Madeleine Janssen: Ihre Berichterstattung über Russland ist sehr Putin-kritisch. Trauen Sie sich aktuell noch, in Russland mit offenem Visier zu recherchieren?
Juergen Roth: Natürlich traue ich mir das zu, wissend welche Risiken damit verbunden sind. Jetzt hingegen wäre es fahrlässig nach Russland zu fahren. Noch möchte ich ein wenig mein Leben genießen und zwar hier in Freiheit, das Privileg demokratischer Staaten.
Madeleine Janssen: In der „Verschlussakte S.“ lassen Sie vor allem bekannte, rechtskonservative Anhänger der Anschlagsthese zu Wort kommen. Warum?
Juergen Roth: Ich weiß nicht, ob alle Wissenschaftler die ich zitiere Anhänger der nationalkonservativen Partei PiS sind, ich bezweifele das, weil ich mit vielen von Ihnen gesprochen habe. Das zentrale Problem ist, dass Kritik an den offiziellen Berichten Russland und von Polen gebetsmühlenartig als Verschwörung bezeichnet wird und eine Auseinandersetzung mit der Kritik in Polen auf sachlicher Ebene unmöglich ist. Das Beispiel des Versuchs von Professor Kleiber zeigt das ja ausführlich.
Ich stehe der PiS nicht einmal ansatzweise politisch nahe, sehe es jedoch als meine Pflicht als unabhängiger Journalist an, sie trotzdem ernst zu nehmen. Die Schmutzkampagnen gegen die Kritiker der offiziellen Versionen, selbst wenn sie von der PiS kommen, halte ich für undemokratisch.
Im übrigen beschreibe ich sowohl die offizielle Versionen in meinem Buch und stelle sie den Ermittlungen und Forschungsergebnissen der Wissenschaftler, ihre Kritik an diesen Versionen gegenüber. Der Leser muss sich dann selbst ein Urteil bilden können. Es wäre gut, wenn das auch einmal polnische Journalisten tun würden.
Madeleine Janssen: Sie zitieren im Buch ausführlich aus den beiden BND-Berichten von 2010 und 2014. Der BND dementiert, dass es diese Berichte gebe. Können Sie mir einen Beleg zukommen lassen, dass diese Berichte Ihnen tatsächlich vorliegen? (gerne mit teils geschwärzten Passagen, wo es sein muss) Natürlich müssen Sie Ihre Quellen schützen, aber ein deutlich erkennbarer Scan des Dokuments würde die Kernthese Ihres Buches erheblich bekräftigen.
Juergen Roth: Natürlich dementiert der BND. Etwas anderes wäre ein politischer Skandal mit unübersehbaren Konsequenzen. Der BND dementiert aber häufiger und muss später, bei entsprechenden Untersuchungsausschüssen einräumen nicht unbedingt Hort der Objektivität und Wahrheit zu sein. Und nein, es gibt bislang niemanden der die richtigen Dokumente gesehen hat und das wird auch so bleiben, solange meine BND-Quelle nicht die Genehmigung dazu gibt.
Im übrigen ist das BND-Dokument keine Kernthese des Buches, sondern ein Indiz. Nicht mehr und nicht weniger. Denn das Buch beschäftigt sich übrigens nicht nur mit Smolensk, sondern mit der Politik von Wladimir Putin bis hin zu seinem Krieg gegen die Ukraine. Smolensk ist jedoch sicher ein zentrales Mosaikteil des Buches.
Und hier der Artikel den sie geschrieben hat: polityka: kim-jest-jrgen-roth-niemiecki-dziennikarz-autor-ksiazki-o-katastrofie-smolenskiej
Jürgen Roth ist einer der bekanntesten investigativen Journalisten in Deutschland und hat viele Skandale enthüllt. Seit 1971 veröffentlicht er TV-Dokumentationen und Bücher über Korruption, organisierte Kriminalität, illegale Waffengeschäfte und Drogenmafia. Berichtet über die Machenschaften von Politikern und Top-Managern, die seiner Meinung nach unser Land zerstören. Seine Recherchen gelten als herausragend und sind immer wieder Auslöser für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und Prozesse vor Gericht. Zum Nachteil derjenigen die vor Gericht ziehen, um zu bewirken, dass entweder Textpassagen geschwärzt werden oder erreichen wollen, dass eines seiner Bücher verboten werden soll.
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