Zum 110. Geburtstag von Hanna Arendt. Sie wurde am 14. Oktober 1906 geboren und war eine deutsch-amerikanische Politologin/Philosophin und Publizistin.
Die Theorien und Überlegungen von Hanna Arendt zur Natur des Bösen und der politischen Systeme, sind aktueller denn je.
Ihre Bezeichnung “Banalität des Bösen” sollte den Verbrechen der Nazis “keine teuflisch-dämonische Tiefe” und Bedeutung geben.
Zitat aus dem Buch von Hanna Arendt:
“Das Böse ist ein Oberflächenphänomen.
Wir widerstehen dem Bösen nur dann, wenn wir nachdenklich bleiben.
Das heißt, indem wir eine andere Dimension erreichen, als die des täglichen Lebens.
Je oberflächlicher jemand ist, desto eher wird er sich dem Bösen ergeben. Das ist die Banalität des Bösen.
Ein Anzeichen für eine solche Oberflächlichkeit ist der Gebrauch von Klischees.
Und Eichmann war ein perfektes Beispiel dafür.”
Eine solche Oberflächlichkeit ist aber nicht nur bei den damaligen Kriegsverbrechern, den Nazis zu finden, sondern vor allem heute in der Gesellschaft weit verbreitet.
Hanna Arendt nahm 1961 als Journalistin am Eichmann-Prozess teil und berichtete hierüber im “The New Yorker” und anschließend in ihrem Buch.
Hanna Arendt machte sich noch nie darüber Gedanken was Frauen tun sollten oder nicht. Sie machte sich weder Gedanken über gesellschaftliche Klischees noch über das Rollenverhalten der Frau in der Gesellschaft, sondern machte einfach immer das was sie wollte.
Sie bezeichnete sich nie als Deutsche, im Sinne einer Volkszugehörigkeit. “Der Antisemitismus ist vielen Kindern begegnet und hat die Seelen der Kinder vergiftet, wie sie sagte.” Sie wurde von ihrer Mutter dazu erzogen, dass man sich nicht ducken darf, sondern wehren muss.
Sie las bereits als Kind Immanuel Kant und die griechische Philosophie. Lehnte es aber ab, als Philosophin bezeichnet zu werden. Sie hätte dies zwar in Marburg studiert, wie auch Theologie und klassische Philologie, aber nie behauptet, dass sie daran festhalten wollte. Für ihre Publikationen bevorzugte sie die Bezeichnung “politische Theorie”.
Hannah Arendt, wurde 1906 in Hannover in einem jüdischen Elternhaus geboren, wuchs ohne Vater auf und floh 1933 aus Deutschland, nachdem Sie erkannte, dass die Nazis an die Macht kommen. Die Nazis machten ihr die Aussicht auf eine ordentliche Professur zu nichte.
Sie floh nicht aus Deutschland, wie sie in dem Interview mit Günter Gaus sagte, weil die Nazis die Macht ergriffen hatten nachdem sie vom grössten Teil der Bevölkerung unterstützt wurden, sondern weil sie kein Mensch zweiter Klasse sein wollte und wegen ihrer Freunde und der Gesellschaft die sich freiwillig gleichschalten ließen, weil sie alle an Hitler glaubten.
Hanna Arendt emigrierte mit ihrem Ehemann und ihrer Mutter nach New York, in die USA. Ab Oktober 1941 schrieb sie regelmäßig in der Kolumne „This means You“ für das deutsch-jüdische ”Aufbau Magazin” in New York.
1951 erhielt sie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, bekannte sich zur US-Amerikanischen Verfassung und verstand sich als Amerikanerin.
1953 erhielt sie am Brooklyn College in New York eine befristete Professur, auch auf Grund ihres Erfolgs mit dem Buch über den Totalitarismus – das in den USA erschienen war.
Als sie 1949 das erste Mal wieder in Deutschland war, stellte sie fest, dass sich an dem Abgrund der Menschen, von dem sie sich distanziert hatten, nachdem sie einem Irrglauben aufgesessen sind, schnell alles wieder in “geordneten” Bahnen weiter ging und eine seltsame Teilnahmslosigkeit in der Bevölkerung wahrnahm.
„Man kann bezweifeln, ob die Politik der Alliierten, alle deutschen Minderheiten aus nichtdeutschen Ländern zu vertreiben – als ob es nicht schon genug Heimatlosigkeit auf der Welt gäbe – klug gewesen ist.
Doch außer Zweifel steht, dass bei denjenigen europäischen Völkern, die während des Krieges die mörderische Bevölkerungspolitik Deutschlands zu spüren bekommen hatten, die bloße Vorstellung, mit Deutschen auf demselben Territorium zusammenleben zu müssen, Entsetzen und nicht bloß Wut auslöste,“ so Hanna Arendt.
Für “The New Yorker” nahm Hanna Arendt von April bis Juni 1961 als Reporterin am Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem teil. Die Reportagen wurden zunächst im “The New Yorker” veröffentlicht.
1963 erschien ihr bis heute umstrittenes Buch . Adolf Eichmann wurde vom israelischen Geheimdienst 1960 in Argentinien gefasst und nach Jerusalem entführt. Als ihr Buch erschien wurde sie auch dafür kritisiert, weil sie Eichmann als “Hans Wurst” bezeichnete.
Hanna Arendt fühlte sich nie einer Gemeinschaft zugehörig, auch nicht dem jüdischem Volk. Den einzigen Bezug habe sie zu ihren Freunden gehabt. Liebe hätte nichts an einem Verhandlungstisch verloren und sei apolitisch.
Sie kritisierte das Interesse der Staaten an den sogenannten “Tatsachen” in der Geschichte, wie auch die Hüter der deutschen Wissenschaft, die sich nicht für die Wahrheit der Geschichte interessieren würden.
Sie war der Überzeugung, dass die Neuzeit den Gemeinsinn, die Wichtigkeit der Politik, entthront hat. Die modernen gesellschaftlichen Phänomene, wie die Entwurzelung, Verlassenheit und Einsamkeit des Massenmenschen, bewirken den Triumpf eines Menschentyps, der in bloßem Arbeits- und Konsumverhalten sein Genügen findet.
Hanna Arendt starb als amerikanische Staatsbürgerin mit 69 Jahren in ihrer Wohnung in New York. In dem TV-Interview mit Günter Gaus sagte sie 1964:
“Denken beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod.”
Es bedürfe nicht nur dem Kopfe, sondern auch des Herzens. Das heißt der Einfühlung, der Fähigkeit, das Besondere, das Zufällige, von der Ratio, dem nicht Vorhergesehenen, wahrzunehmen”.
Hanna Arendt vertrat ein Konzept der Pluralität, Freiheit und Gleichheit auch in der Politik. Durch reflektieren, die Position des anderen einzunehmen und stand rein repräsentativen Demokratien kritisch gegenüber. Sie bevorzugte die direkte Demokratie.
Ihre Theorien und Überlegungen zur Natur des Bösen und der politischen Systeme, sind aktueller denn je.
Hanna Arendt war aber auch eine Frau mit klarem, analytischem Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart.
Astrid Ebenhoch ist Journalistin und Gründerin von Hounds & People.