Haben Sie einmal Ihren Hund dabei beobachtet, wie er völlig entspannt in der Sonne döst, alle Viere von sich streckt um dann zufrieden einen dieser herzerwärmenden Säufzer von sich gibt, die Ihnen ein Lächeln auf die Lippen zaubern – egal, wie angespannt Sie in diesem Moment sind?
„Hach, so gut wie du möchte ich es auch mal haben“, denken Sie vielleicht an dem ein oder anderen Tag. Irgendwie beneidet man den eigenen Hund in manchen Situationen. Meistens, wenn er ausgelassen auf der Wiese spielt, dem Mäuschen hinterherbuddelt, wenn er morgens noch gemütlich im Bettchen liegt und man selbst schon den Kaffee aufsetzt und sich mental auf den Arbeitstag einstimmt. Auch, dass er die kleinen und großen Probleme des Alltags nicht mit sich herumschleppt und keine Verantwortung zu tragen hat, das mag der ein oder andere Mensch ebenso beneiden.
Aber wieso eigentlich? Warum beneiden wir die vermeintliche Einfachheit, mit der unser eigener Vierbeiner den Alltag bestreitet?
Was wir von unseren Hunden unbedingt lernen können, wenn wir wollen, ist die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu leben. Ein glücklicher, ausgelassener Hund spielt mit Ihnen und tut in diesem Augenblick nicht anderes, als genau das: spielen. Ausgelassen sein. Glücklich sein. Wir Menschen hingegen werfen ein ums andere Mal den Ball und denken an eine Email, die beantwortet werden muss oder an einen Rückruf, den Kollege XY erwartet. Wir planen während des Gassi-Gangs unsere Einkäufe und quatschen mit der Nachbarin über den lang ersehnten Urlaub.
Unsere Hunde haben die Gabe, sich voll und ganz auf eine Sache zu konzentrieren (sofern keine Thematiken wie beispielsweise Angst die Aufmerksamkeit auf sich ziehen ), wenn sie darin aufgehen. Spannenderweise scheinen viele Hunde zu wissen oder zu ahnen, dass Herrchen und Frauchen mit den Gedanken manchmal woanders sind während eines gemeinsamen Spaziergangs. Da hüpft ein jagdlich passionierter Hund plötzlich ins Maisfeld und verschwindet, den eigenen Namen und das Rückrufsignal blendet er vermeintlich aus. Oft liegt das „ausbüchsen“ eines Hundes daran, dass der Mensch mit seiner Aufmerksamkeit nicht bei seinem vierbeinigen Familienmitglied war. Hunde erzählen über ihre Körpersprache oft schon lange im Voraus, dass sie sich für eine bestimmte Sache gerade interessieren, sich fürchten oder ärgerlich sind. Es liegt am Menschen, sich auf die Interessen und Sichten seines Hundes einzulassen – um entsprechend gut reagieren zu können.
Von Hunden kann man aber nicht nur eine „hündische Sicht auf die Welt“ lernen, indem man ihre Sprache und Bedürfnisse versteht. Auch Souveränität, Gelassenheit, Geduld oder Offenheit sind Aspekte, die viele gut sozialisierte Hunde täglich zeigen – unter ihresgleichen, aber auch den Menschen gegenüber. In mancherlei Hinsicht ist Canis lupus familiaris, der Haushund, ein gutes Lehrbeispiel für uns Zweibeiner, wenn wir uns tagtäglich mit Sorgen und Problemen auseinandersetzen, die häufig nichts anderes sind, als bloße Gedankenkonstrukte. Sicherlich, ein Hund verfügt nicht über den Intellekt eines durchschnittlichen Erwachsenen. Was die Fähigkeit betrifft, voll und ganz im eigenen Tun aufzugehen und den guten Moment ausgiebig und ausschließlich zu genießen, da sind sie uns jedoch meilenweit voraus.
Der eigene Hund ist in erster Linie ein Segen. Er mag vielleicht den eigenen menschlichen Alltag durch Aggression gegen Artgenossen, Angst vor dem Alleine sein, starkem Jagdtrieb oder Übelkeit beim Autofahren schwieriger gestalten. Der eigene Hund hält uns Haltern dabei immer einen Spiegel vor unser Gesicht und wir können uns entscheiden, was wir aus den Situationen mit unserem Hund (und ohne ihn) lernen können. Wir können an Problemen immer wachsen und sie als Herausforderungen betrachten, um besser, ausgeglichener und vollständiger zu werden. Eine meiner Kolleginnen sagte einmal zu mir „Jeder Mensch hat genau den Hund bei sich zu Hause aufgenommen, den er braucht, um zu wachsen. Im Zweifel über sich selbst hinaus.“
Probieren Sie es doch einmal aus und nehmen Sie sich vor, beim nächsten Spaziergang nur und ausschließlich bei Ihrem Hund zu sein. Beobachten Sie, an welchen Stellen er ausgiebiger schnüffelt und was er dabei mit welchem Körperteil tut. Schauen Sie in sein Gesicht, wenn Sie ihn rufen und zur Belohnung mit ihm spielen. Lachen Sie ihn an und sprechen Sie freundlich mit ihm, wenn er neben ihnen her läuft. Und (wenn keiner guckt…) rennen Sie ausgelassen und Haken schlagend durch die Wiese und schauen, was passiert. Versprochen, Sie werden dadurch nicht unglücklicher und die Emails und Anrufer warten auch noch, wenn Sie damit fertig sind. Wenn Sie einen Kundentermin haben, sollten Sie sich vielleicht nicht unbedingt gleich im Aas wälzen…
Sabrina Krebs, studierte in Göttingen Sozialwissenschaften – Schwerpunkt Sozialpsychologie. Nach ihrem Examen, Aufenthalt in Australien und Arbeit mit Farmhunden, Ausbildung zum Trainer.
Und für alle Besitzer die noch nicht relaxt sind!
Und hier noch Mozart für Menschen und Hunde!