In Deutschland will Heiko Maas “hate speech” verbieten, wobei natürlich die Obrigkeit definiert, was “hate speech” sind, und bekommt dafür Unterstützung von der Bevölkerung.
Das Gesetzt gesellt sich zu einer langen Reihe von Redefreiheitseinschränkenden Gesetzen, wie zum Beispiel die Blasphemie-, Beleidigungs- und Privatsphäre-Gesetze. Sie glauben, der Staat sei dafür zuständig, zu regeln, wie sich der Bürger zu verhalten hat.
In den USA zieht eine asiatische Rockband mit dem rassistischen Namen “the Slants” (weil ihre Augen angeblich mandelförmig sind) vor das oberste Gericht, weil eine lokale Patentbehörde ihr das Trademark verweigert hatte, mit der Begründung “Slants” sei rassistisch.
Jetzt hat das oberste Gericht entschieden, dass rassistische Sprache nicht illegal, durch das Gesetz der “freien Rede” geschützt ist und der Staat nicht dem Einzelnen vorschreiben darf, wie er sich auszüdrucken hat. Das oberste Gericht und die ironisch-rassistische Rockband “the Slants” lobe ich mir.
Im deutschen Grundgesetz steht nicht die „Redefreiheit“ sondern die „Meinungsfreiheit“. „Redefreiheit“ gibt es nur in Amerika. In Deutschland darf die Bevölkerung die Meinung haben, die sie will, nur nicht ausdrücken wie sie will. Die Verfasser des Grundgesetzes wussten sehr wohl, dass es zwischen den beiden Begriffen einen Unterschied gibt.
Dann die “Menschenwürde“. Ist es menschenwürdig, wenn der Staat – wie in Amerika versucht wurde – einer Rockband die Namenswahl vorzuschreiben bzw. zu verbieten?
Ist es menschenwürdig, wenn ich den Staat um Erlaubnis bitten muss, bevor ich den Mund aufmache? Und wenn ich mich dabei hässlich und verwerflich verhalte – warum ist das nicht meine eigene Verantwortung? Hat Menschenwürde nicht auch etwas mit Selbstbestimmung zu tun?
Das Wort Menschenwürde als Argument, ist interpretierbar. Warum ist es menschenunwürdig, wenn ich wütend und verängstigt in meiner fragilen Identität das Wort „Neger“ benutze, und mich damit als rassistisch oute? Es aber nicht menschenunwürdig ist, wenn eine Frau in einem Porno sich von Schokolade übergießen und von vier Männern rannehmen lässt, die sie „verfickte Sau“ nennen? Müsste das nicht auch verfassungswidrig sein? Wie viel Raum für Interpretation sprechen wir dem Staat zu?
Wenn die coolen Kids in der Schule ein anderes Kind demütigen, weil es die falschen Klamotten trägt, ist das nicht auch menschenunwürdig?
Verlangt das Grundgesetz, dass wir Kameras in jedem Klassenzimmer installieren, um das Verhalten der Kids zu kontrollieren? Wie viel darf mir der Staat mein Reden, mein Handeln, mein Denken vorschreiben, bevor er nicht mehr meine Würde verteidigt, sondern raubt?
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich finde schlechtes Benehmen nicht akzeptabel! Ist es aber die Aufgabe des Staates, uns gutes Benehmen beizubringen? Oder ist es eher die Aufgabe der Eltern, der Lehrer, der sozial engagierten Nachbarn und Facebook-Freunden, mein Verhalten als Mobber oder als Rassist anzukreiden?
Wenn die öffentliche Meinung mich anpflaumt, weil ich meine Football-Mannschaft rassistischerweise „Redskins“ nenne, finde ich das nur Recht – dazu sind Lehrer, Eltern und Nachbarn da.
Es ist aber nicht die Aufgabe des Staates – im Gegenteil, wenn der Staat mein Benehmen regeln darf. Dann darf er auch interpretieren, was gutes und schlechtes Benehmen ist. Ist der Staat eher links und modern, ist es verboten, Worte wie „Neger“ zu benutzen. Kommt die AfD an die Macht, dann werden all diejenigen, die ihre politischen Gegner als „Nazi“ beschimpfen, angezeigt – im Namen der Menschenwürde natürlich.
Deutschland ist toll in vielerlei Hinsicht, aber die Deutschen haben bis heute einen Hang zum Obrigkeitsglauben und Obrigkeitshörigkeit, den sie einfach nicht abschütteln können.
Das ist mit ein Grund, warum die Medien, die (Pop)Kultur und das intellektuelle Leben in Deutschland stagniert ist.
NewYorkTimes: Why the Slants Took a Fight Over Their Band Name to the Supreme Court
Eric T. Hansen ist Amerikaner, Buchautor, Journalist und Satiriker, lebt seit über 20 Jahren in Deutschland und heute in Berlin. Seine Bücher: ) oder und .
Siehe auch:
- Die deutsche Kultur heute ist stagniert
- In Europa dient nicht der Staat dem Volk