Wer eine neue Herausforderung sucht, der wird auch meist schnell fündig.
So ging es zumindest mir – ich habe einen Schaustellerhund – Labrador-Rüde Karli, 3,5 Jahre jung, (jedoch gefühlte 1,5 Junghundjahre) nicht kastriert, täglich 90 Minuten rund um das Oktoberfest herum ausgeführt und ausgelastet. Das ist mein Job, der zwar körperlich anstrengend, dafür aber auch Balsam für die Seele ist. Ich mache dies gerne und ich bin mir sicher, dass die Hunde meine Energie spüren können.
Hin und wieder muss ich – je nach Hund – die ein oder andere Ruhepause mit einbauen, wenn ansteigende Temperaturen, andere unkastrierte Rüden gleichen Kaliebers und meine konsequente Art Hunden etwas „zu schaffen“ macht. Ein Mix aus Power, Konzentration und Ruhe macht einen Gassigang aus.
Die Halterin von Karli hatte mich schon ein paar Monate zuvor kontaktiert und nach freier Kapazität gefragt, allerdings konnte ich damals noch keine feste Zusage machen. Ein paar Tage vor Beginn der Wiesn ging ein Kundenhund für ein paar Wochen in den Urlaub, ein anderer zog leider aus München weg und so war der Weg zu Karli frei.
Ich merkte gleich, dass das Schaustellerehepaar sehr bemüht war, eine zuverlässige und gewissenhafte Person zu finden, die mit dem Rüden liebevoll, aber auch bestimmt umgeht. Beim Kennenlerntermin 3 Tage vor Wiesnbeginn zog Karli die Halterin fast quer über den Rummel und ich musste sie einmal sehr ermutigen, dass es an dieser Stelle sinnvoll ist, den Rüden jetzt abzuleinen. Schließlich bleibt mir nur eine kurze Zeit um einen groben Eindruck von Karli zu bekommen – gerade wenn andere Artgenossen ebenfalls mit im Spiel sind. „Alles kein Problem“ waren meine Worte nach dem Kennenlernen und ich sollte Recht behalten.
Am Eröffnungstag lernte Karli innerhalb von Minuten, dass es gewisse Regeln gibt, die es gilt einzuhalten. Natürlich, ein Labbi versucht es wieder und wieder, bis er es im richtigen Moment begreifen möchte und dementsprechend sah meine rechte Hand leicht ramponiert aus aber die Mühe hat sich bezahlt gemacht. Bei kleineren Artgenossen zeigt er hin und wieder nicht so ganz den nötigen Respekt, so dass es an mir lag, die eh schon intensivst beschnupperten Hunde vor Karlis Aufdringlichkeit etwas zu bewahren. Schließlich liegt mir das Wohl meiner Umwelt am Herzen und jeder hat das Recht auf Intimsphäre – auch Hunde.
Von der Wildwasserbahn sind es nur ein paar Meter bis zu den Baumalleen, die täglich mehrmals von Karli literweise begossen wurden. Die Polizei am Eingang kannte mich schon nach ein paar Tagen, denn schließlich sind Hunde mittlerweile auf der Wiesn tabu – da gelten strenge Gesetze. Einfach mit Hund durch die Sperren gehen, wird nicht geduldet – es bedarf einer gesonderten Vorsprache bei den Beamten, damit einem Einlass gewährt wird.
Natürlich ist das auch gut so, denn die extremen Gerüche, die ohrenbetäubende Lautstärke und Menschenmassen wohin das Auge auch reicht schaffen nicht nur nicht-alkoholisierte Menschen wie mich sondern auch Hunde wie Karli. Er begriff, dass es Sinn macht, Geduld zu haben und sich ganz auf mich zu besinnen, denn dann folgte innerhalb Sekunden eine Belohung. Da die meisten Labbis sehr gieren, wurde anfangs mit einer kleine Handvoll Leckerlis als Belohungsprinzip gearbeitet – in Kombination mit Loben und Streicheleinheiten bei erbrachter Leistung. Ich war erstaunt, wie schnell Karli lernte und die von mir geforderten Dinge umsetzte.
Auf der Wiese hinter der Oiden Wiesn fanden wir dann einen guten Platz um uns beide auszutoben. Erstaunlicherweise fanden wir gleich zu Beginn einen Spielkameraden für Karli – ein ebenfalls 3 jähriger Mischlingsrüde, der auch noch etwas infantil und grün hinter den Hundeohren war – so gab es beim täglichen Kräftemessen immer noch eine kleine Laufeinheit für beide Hunde gratis dazu.
Im Nachhinein musste ich feststellen, dass es sehr belustigend war, beim größten Showlaufen der Münchner Gesellschaft in „Hundetracht“ 2 Wochen lang mitzumischen. Karli und ich waren von Anfang an ein gutes Team, und wir wurden häufig von Touristen bestaunt und fotografiert. Da störte mich mein Hundeoutfit nicht im geringsten, denn mit einem Dirndl wäre ich rein körpersprachlich nicht so geschickt gewesen und hätte bei weitem nicht so viel Spaß mit Karli gehabt.
Negative Äußerungen waren Gott-sei-Dank nur selten zu hören – Nörgler und Besserwisser gibt’s es in München ja zu genüge, aber es hielt sich in Grenzen. Nur der Weg war täglich bei 25 Grad Sonnenschein eine kleine Hürde, da das Auto zu Hause stehen musste, die MVG maßlos überlastet war und so blieb nur das Rad übrig.
Während meiner Runde hörte ich von Frauen meistens ein „schau mal, der muss noch was lernen“ und von Männern sah ich nur die erstaunten Blicke, wenn Karli ruhig am Platz liegend und auf mein Signal wartend sich abrupt erhob, sich einen Weg durch die Menge suchte, auf mich los galoppierte und kurz vor mir ins Sitz gefolgt von Platz legte und sein Leckerli genoss.
Schade, dass mein täglicher Wiesneinsatz zu Ende ist – die Zeit war für alle Beteiligen lehrreich und ich bin sicher, dass sich Karlis Halter ein paar Tipps aneignen werden, damit das erlernte noch länger anhält.
In diesem Sinne, bis zur nächsten Wiesn, der nächste Hund kommt bestimmt,
Ihre Tina Kraus von Tina’s Hundeservice