Die kleine charmante französiche Bulldogge wird in der letzten Zeit zunehmend als Qualzucht bezeichnet. Viele Verantwortliche ignorieren und negieren die dramatische Situation der Bullys mit den gesundheitlichen Folgen bis heute.
Die Französische Bulldogge wurde bereits in allerhand Portraits und Rassebeschreibungen erwähnt. Immer liest man vom herzigen, drolligen, kleinen Begleithund, der durch seine außergewöhnliche Optik und seinem liebenswerten Wesen einen immer größeren Liebhaberkreis erreicht.
Und gerade diese Liebhaber, seien es Züchter, Vereine oder auch den Welpenkäufer möchte ich besonders ansprechen!
Die Bulldogge stammt von den zähen, mutigen und “schmerzunempfindlichen” Bullenbeißern ab. Dieses Erbe wird ihr oft zum Verhängnis, oder andersrum, hilft es ihr auch, Schmerz zu ertragen und trotzdem einen recht fröhlichen Eindruck zu verbreiten.
Der kleine charmante Molosser wird, wie Teile der gesamten Rassehundezucht, in der letzten Zeit zunehmend als Qualzucht zitiert. Es gibt noch zu viele Verantwortliche, welche die dramatische Situation der Gesundheit des Bullys ignorieren, ja sogar negieren.
Nicht wenige Tierärzte raten vom Kauf der Bulldogge ab!
Es ist nicht gerade rühmlich, dass man einen Rassehund züchterisch dermaßen verunstalten kann und er als Ergebnis vielfach ohne aufwändige Chirurgie nicht mehr lebensfähig ist. Mittlerweile bieten europaweit etliche Veterinäre Korrekturen der Atemwege an, wenn auch in ganz unterschiedlichen, teils fragwürdigen Qualitäten. Ein Beweis dafür, dass der Bedarf vorhanden ist.
Es haben sich ganze veterinärmedizinische Fachrichtungen entwickelt, um den gezüchteten Hunden durch komplizierte Korrekturen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Tierärzte die sich auf die Brachyzephalie spezialisiert haben und z.B. auch durch eine LATE-OP den übelst verstümmelten, weil auf übertriebene Kurzköpfigkeit gezüchteten Vertretern der Rassen, hilft, ein beschwerdearmes Leben zu ermöglichen.
Oftmals sind auch hier in Therapie Grenzen gesetzt, da man z.B. zu enge oder nicht ausreichend ausgebildete Luftröhren gar nicht korrigieren kann. Hinzu kommen oftmals Folgeerkrankungen des ausgeprägten brachyzephalen Atemnot-Syndroms, wie Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems, Missbildungen der Gehörgänge etc.
Nicht jeder Halter ist der daraus resultierenden finanziellen und emotionalen Belastung gewachsen. Zu vermittelnde oder schlimmer noch, nicht versorgte Hund sind daher nicht selten. Dieser Umstand alleine hätte zu einem entsetzten Aufschrei und Reaktion in Züchter- und Vereinskreisen führen müssen…tut es aber nicht!
Eigentümliches Verständnis von Tierschutz und Liebhaberei
Auch wenn die Tatsache dieser Entwicklung gerne geleugnet wird, ist es keinesfalls so, dass die Überzahl der behandelten Bulldoggen nur den unkontrollierten und dubiosen Zuchten und Händlerkreisen entstammt.
Man trifft auf eine gewisse Akzeptanz genetischer Krankheiten und das ist nicht richtig. Auch wenn ein Erbgang nicht geklärt ist, muss der Züchter stark belastete Hunde selektieren und darf sich nicht auf die geringe Chance verlassen, dass es zu Welpen mit geringem Krankheitswert kommen kann. Hunde zu züchten ist kein Risiko der Natur. Die Rasse sollte durch gezielte Auswahl gründlich untersuchter Elterntiere erhalten und verbessert und nicht nur einfach zum Eigennutz vermehrt werden.
Die überwiegende Ursache der Leiden jeder Rasse ist die Verwendung kranker Zuchthunde und falsches Zuchtmanagement! Gesunde und kranke Hunde findet man in FCI-Zuchten, Dissidenzzuchten und Zuchtstätten, die ohne Kontrolle Hunde produzieren. Das gesundheitliche Problem ist die züchterische Fehlentwicklung der Rasse Französische Bulldogge und definiert sich nicht über eine Verbands- oder Vereinszugehörigkeit!
Das Klientel hinter der Bulldogge hat mitunter, eine ganz eigene Definition von Tierschutz und Liebhaberei. Die Zucht gehört daher in verantwortungsbewusste Hände mit Sachverstand, ein umfassendes veterinärmedizinisches Wissen aufgrund der multiplen Erbkrankheiten ist sicher nicht von Nachteil.
Brachyzephales Atemnotsyndrom
Wie kann man das Brachyzephale Atemnotsyndrom erkennen und züchterisch vorbeugen und bestenfalls verhindern, dass behinderte Welpen, wenn sie denn laut Standard auch noch “schön” sind, in die Zucht gelangen?
Eine Studie an diversen Möpsen belegt eindeutig, dass weder die Nasenlänge, die Größe der Nasenlöcher, noch der in einigen Clubs eingeführte Belastungstest klare Hinweise auf die Gesundheit der Atemwege schließen lässt. Die Beurteilung des eigenen Hundes muss auch in Frage gestellt werden, da viele Zuchthunde nicht an die Grenzen belastet werden. Mit Argumenten, die ja bereits auf die immensen Probleme hindeuten wie z.B.: Der Bully ist etwas Besonderes, der Bully mag halt keine Sonne, der Bully teilt sich grunzender Weise mit etc. wird das Rasseproblem verniedlicht. Das sind missinterpretierte Symptome einer mittlerweile manifestierten Erbkrankheit!
Etliche Bulldoggen mit funktionierender Thermoregulierung, auch bei kurz gezüchtetem Fang, überstehen muntere Spaziergänge bei 30 Grad und mehr. Hier sind die Proportionen von Nasenöffnung bis hin zur Luftröhre das entscheidene Kriterium. Und diese lassen sich anhand der Phänotypbestimmung, wie sie gerne auf Ausstellungen und Zuchtzulassungsprüfungen angewandt werden, nicht beurteilen.
Thermoregulierung
Ob die Atemwege des Hundes frei und straff genug sind, ob die Thermoregulierung bei jeder Temperatur funktionieren kann, lässt sich nur durch die Untersuchung mittels CT und Endoskopie sicher feststellen.
Zu oft ist man nach Auswertung der CT-Untersuchungen überrascht. Da ist der Deckrüde, der sehr ruhig und ausgeglichen ist und keine übertriebenen Geräusche verursacht, in den Nasengängen, die u.a. für die Thermoregulierung des Hundes verantwortlich sind, viel zu eng und weiträumig verlagert. Und da ist der andere gelegentliche Grunzer, der keine Verengungen der Atemwege aufweist, die zur Atemnot führen könnte. Vielleicht hat der eine Deckrüde aufgrund seines stoischen Temperamentes keine Schwierigkeiten, er kann mit seinen genetischen Anlagen aber eine Menge Unheil in seinen Nachwuchs bringen.
Wirksame Zuchtprophylaxe, die eine größere Garantie für gesunde Hunde und zufriedene Welpenkäufer sichern, funktioniert hier nur mit gründlicher Diagnostik. Züchter und Vereine anderer Rassen, die ebenfalls ein Problem mit der Atmung hatten und schnell und umfassend reagierten und betroffene Hunde nicht zur Zucht verwendeten, beweisen eindrucksvoll, wie einfach man den Erbkrankheiten Einhalt gebieten kann. Hier sei der Norwich-Terrier erwähnt.
Verantwortungsbewusste Zucht?
Ein weiteres Problem dieser durch Fehlinterpretation des Rassestandards in den letzten Jahren insgesamt viel zu kurz gezüchtete Rasse sind Deformationen an der Wirbelsäule und den Hüftgelenken.
Ein zu kurzer Kopf und eine zu stumpfe Nase, die immer noch viel zu viele Menschen als pervertiertes Schönheitsideal sehen ist von außen gut erkennbar. Es liegt an Züchtern und Käufern selbst, sich solche Hunde für die Verpaarung oder auch für den Welpenkauf auszusuchen und somit den Markt zu bestimmen.
Eine gestauchte Wirbelsäule mit all den multiplen Missbildungen, die einhergehen und ebenfalls die Lebenserwartung und Lebensqualität des einzelnen Tieres drastisch senken, ist für einen Laien von außen nicht zu erkennen. Generell kann man sagen, je kürzer der Rücken samt Rute, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wirbel nicht ausreichend ausbilden können, Dornfortsätze und Wirbel krankhaft verschmelzen und im frühen Alter schmerzhafte Zubildungen entstehen.
Eine erbliche Komponente ist hier sicher gegeben, Zuchtversuche haben bewiesen, dass man diese Stauchung in wenigen Schritten der Selektion entspannen kann, wenn man auf die Lage und Ausprägung der Veränderungen Rücksicht nimmt. Unikliniken sammeln Auswertungen für die Entwicklung von Gentests zur Bestimmung des Genoms der Keilwirbel und kommen mangels Proben nicht wirklich weiter.
Gerne wird auch hier die Verantwortung auf das Phänomen der jüngsten Vermehrerzucht und der Entwicklung des Modehundes Bulldogge gelenkt. Auch dies ist so nicht richtig, da schon vor mehreren Jahrzehnten Fachzeitschriften diverser Bulldoggenclubs sowie Züchter, wie z. B. Mulin und Watkins davor gewarnt haben, die Hunde nicht zu kurz zu züchten, um Deformation zu vermeiden bzw. nicht zu verstärken. Kein wahrer Tierfreund belastet seine Hündin hier mit Trächtigkeit und Geburt möchte man meinen, die Realität sieht anders aus.
Wo sind die Rasseliebhaber, die hier miteinander arbeiten?
Die gleiche biologische Fehlentwicklung findet man in der Selektion auf zu kurze, zu breite Köpfe im Zusammenhang mit der Kieferstellung und Anzahl der Zähne. Wo sollen die Anlagen eines kompletten Gebisses sich auch entwickeln, wenn man ihnen keinen Platz mehr bietet?
Folglich sind Missbildungen, Verkürzungen, Verdrehungen etc. nur eine logische Konsequenz der Natur, die in eine Schablone gepresst wird, die nicht funktionieren kann. Sollte die der Fall sein, ist das ein deutlicher Hinweis für Deformationen, die aber auch oft ignoriert werden. Vollzahnige Beurteilungen beinhalten oftmals nur die komplette Anzahl der Schneidezähne. Wie sehr kann man sich die Zuchtwelt schönreden!
Ein langjähriger Züchter und Richter der Französischen Bulldoggen schließt sogar auf einen Zusammenhang zwischen Zahn- und Kieferfehlstellung und Deformationen des Skelettes! Diese Erkenntnis ist nicht neu und wurde in der Praxis an durchuntersuchten Hunden oft bestätigt. Und immer noch wird in vielen Zuchten auf Zahnstellung und Anzahl nicht geachtet, Deformationen beim Bully werden als normal “rassetypisch” hingenommen, die Konsequenzen daraus nicht bedacht.
Hüftgelenkdysplasie
Die Hüftgelenkdysplasie ist beim Bulldog erschreckend weit verbreitet, es wird selten darauf hin untersucht, weil dies von den meisten Vereinen für die Zuchtzulassung nicht gefordert wird.
Der Grund hierfür liegt vermutlich darin, dass ein Bully auch mit einer mittleren HD im zuchtfähigen Alter oftmals nur sehr schwer zu erkennende Symptome im Gangwerk zeigt. Es ist indiskutabel, Erbkrankheiten zu ignorieren, weil der kurze, gut bemuskelte Hund die Deformationen relativ gut kompensieren kann. Aber: Eine HD in Verbund mit Schwachstellen in der Wirbelsäule kann bereits im Jugendalter verheerende Folgen haben. Immer wieder werden Tiere im jungen Alter aufgrund von nicht therapierbaren, multiplen Bandscheibenvorfällen eingeschläfert. Auch hier lässt sich das Problem züchterisch verbessern, wenn man dies denn auch möchte.
Umdenken notwendig!
Es muss im Sinne der Hunde ein Umdenken stattfinden, das angenommene Schönheitsideal, welches viel zu oft auf Ausstellungen belohnt wird vom kurzen, breiten, rutenlosen Bully muss aufgeweicht werden. Hier ist es dringend notwendig das Ideal der “Show-Schönheit” von Zucht zu trennen. Aufgrund der gewünschten Übertypisierung gewinnt ein solide gezogener und stabiler Bully selten bessere Bewertungen als ein “sehr gut”. Züchter sollten lernen, dies als Kompliment zu sehen, wenn sie denn unbedingt Zuchthunde in den Shows zeigen wollen.
Es ist nicht richtig Hunde zu züchten, die aufgrund von kurzer Steifigkeit des Körpers nicht mehr in der Lage sind sich selbst zu reinigen, die kein freies, schwungvolles Gangwerk eines kleinen Caniden mehr zeigen, die aufgrund von Blockaden und Deformationen nicht in der Lage sind, die Beine weit unter den Körper zu setzen, von unkomplizierten natürlichen Deckakten und Geburten einmal ganz abgesehen. Hier würde die Natur der Rasse selber einen Einhalt setzen, wenn man sie ließe.
Unter anderem aufgrund von eingewachsenen Ruten, die sicher zuchtausschließend behandelt werden sollten, sind Kaiserschnittgeburten einkalkuliert. Fordert man hingegen CT-Untersuchungen der Zuchttiere sind die Kosten zu hoch und das Narkoserisiko zu groß. Welch irrsinniger und bodenlos stupider Gegenspruch!
Der Bully muss ein Bully bleiben, das darf und kann er auch…
Mit kurzem Stupsnäschen und kleiner, frei getragener, beweglicher Rute ist das gewünschte Kindchenschema immer noch vorhanden. Auf dem Weg zu einem stabilen, gesunden Hund muss man aber auch die Scheuklappen des im weit auszulegenden Rassestandards verankerten Ideals einmal öffnen und auch den nicht perfekten Bully in die Zucht mit einbeziehen, der vielleicht eine sehr lange Nase und Rute zeigt, aber mit diesen gesunden Merkmalen seinen Nachfolgern maximale Lebensqualität spenden kann.
Die Reihenfolge muss Gesundheit, Wesen, Schönheit sein, wenn wir wieder belastbare, kleine, molossoide Begleithunde wünschen, die von ihrem Wesen und ihrer anpassungsfähigen, humorvollen Art so perfekt in unser heutiges Leben passen.
…denn ein gesunder, wesenstypischer Bully passt hervorragend ins heutige Leben.
Ich danke den mutigen Züchtern, die neugierig und aufgeklärt die Rasse erhalten und verbessern wollen und wünsche Ihnen viel Herz, Verstand und Rückgrat für Ihren Weg.
Es ist traurig vielversprechende Hunde aufgrund von Krankheiten auszuscheiden, aber der Genpool kann es noch verkraften, der Wunsch nach stabilen Hunden sollte groß genug sein, dies mit Überzeugung zu tun. Die Rasse ist es wert, auf einem gesunden Niveau erhalten zu werden. Einfach mal im Sinne von Freund Hund darüber nachdenken…
Copyright: Claudia Fuhrmann – Gesunde Bulldoggen.de
Mein Dank geht an die Besitzer der hier gezeigten Bullys samt CT-Aufnahmen und Röntgenbildern!
Quellen:
www.gesunde-bulldoggen.de
http://petwatch.blogspot.co.at/
www.kleintierklinik.uni-leipzig.de
www.norwich-terrier.de
http://www.martyniere.com/documents/bouledogue/doctechn/004.html
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/14704/1/Martin_Verena_Marlene.pdf
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000037169
Warum lässt man es außerdem noch zu mit dem Blaugen und Merlegen zu züchten, wenn diese Rasse so und so schon so mit Krankheiten und Verkrüppelung gezüchtet wird. Wenn ich diese abartigen Preise, z.B für blaue Bullys sehe, wird mir schlecht!! Man sollte diesen Geschäftemachern das Vermehren verbieten! In den Knast!