„Verpiss dich endlich mit deinem Drecksköter von unserem See“, sagte Etwas stimmgewaltig zu mir. Ich zuckte zusammen, drehte meinen Kopf sofort nach hinten und wollte die eben entgegengenommene auditive Information, durch eine visuelle komplettieren. >also in english
Ich erkannte einen eigentlich völlig normal aussehenden Mittvierziger. Gut, er atmete sehr schwer. Seine Bekleidung verriet ihn als Jogger. Er schwitze stark und hielt in jeder Hand eine Trinkflasche. Sein rot leuchtendes Gesicht war angespannt wütend. Auffällig war der schiere Hass in seinen Augen.
Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf. „Sprechen Sie mit mir?“ fragte ich, mein eigenes Erschrecken unterdrückend, kontrolliert freundlich. „Ja natürlich mit dir, oder siehste hier noch jemanden mit ner Dreckstöhle?“ Bei diesen Worten machte er einen Schritt auf meinen Hund zu und setze an ihn zu treten. Luna, meine Labradordame, wich aus und ich sprang dem Mann in den Weg. Er schubste mich zur Seite und verließ die Situation mit zwei ausgesteckten Mittelfingern. Innerlich kochte ich. Luna und ich sahen uns an. Ich lächelte ihr zu und war froh, dass ich dieses wunderbare Hundewesen in meinem Leben hatte.
Wie konnte es überhaupt zu so einer Situation kommen? Wie konnte die Stimmung hier am Berliner Schlachtensee so eskalieren? Wie konnten vermeintlich intelligente Bürger der Mittelschicht sich zu solchen unkontrollierten und strafrechtlich relevanten Handlungen gegen Hundehalter hinreißen lassen?
Meine These: Was für Teile der bildungsfernen Bevölkerungsschicht „die Asylanten“ sind, sind die Hundehalter für Teile der Mittelschicht: Vogelfreie Hassobjekte!
Der gesamte individuelle Lebensfrust wird auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe projiziert und ohne auch nur im Ansatz gefühlte Empathie ausgelebt. Man fühlt sich im Recht. Also schlägt man zu!
Im Fall der bildungsfernen Schichten wird dieser Frust durch NPD, AFD, PEGIDA und andere braune Hassprediger politisch flankiert und populistisch zur Steigerung des eigenen Einflusses genutzt.
Für Teile des gefrusteten Bildungsbürgertums Berlins, die sich aus ehrlicher Überzeugung stets und ständig politisch korrekt verhält und diese bösen N-, oder S-Worte mit tief empfundener Abscheu ablehnt, war das bisher ein echtes Problem. Man konnte sich auf der einen Seite mit diesen rechten Schwachköpfen nicht gemein machen, brauchte aber auf der anderen Seite irgendein Überdruckventil für die innere Asozialität.
Plötzlich, als wäre es ein direkter Fingerzeig von quasi göttlichen Macht, tauchte der neue Messias (oder heißt es die neue Messiöse?) auf. Man muss eben doch nur manchmal das Weltall um Unterstützung bitten oder einen Brief an die Engel schreiben.
Die neue Galionsfigur vom Geisterschiff der gefrusteten Berliner Mittelschicht ist Frau Christa Markl-Vieto (GRÜNE). Allein der Vornahme ist doch wohl Zeichen genug. Und erst dieser wunderbare Doppelname. „Das ist eine von uns“, und außerdem wird „Don Vito Corleone“ ohne „e“ geschrieben und ist ein Mann.
Der neue Heiland/Heiländerin ist grüne Bezirksstadträtin im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Sanfte Stimme, mildes Lächeln, wohlwollende Attitüde, selbst Hundehalterin, die Mutter Theresa unter den Naturschutzkämpfern. Dieser Frau muss man einfach glauben.
Man muss ihr auch glauben wenn sie die Wahrheit, sagen wir mal, interpretiert.
Anfang des Jahres kam sie groß mit ihrer Kampagne „Ich schütze den Schlachtensee und die Krumme Lanke vor der Verunreinigung durch Hunde“ raus.
Alles war generalstabsmäßig für den Coup vorbereitet: Flyer waren gedruckt, die Webpage online, für die, die noch Einwände hatten, gab es sogar ein Kritikformular und die Öffentlichkeitsmaschenerie lief auf Hochtouren. Via Zeitungsberichten und Fernsehinterviews wurde immer und immer wieder die gleiche Nachricht kommuniziert: Hunde sind ursächlich für eine Verschmutzung der Seen verantwortlich!
Diese angebliche Tatsache wurde durch ein „Gutachten“ von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt unter der Führung von Andreas Geisel (SPD) flankiert.
Dumm war, dass sich dieses „Gutachten“ in keiner Zeile auf die Situation am Schlachtensee oder der Krummen Lanke bezog. Auf Nachfrage bei der Verfasserin, ob es denn im Zuge der Gutachtenerstellung zu tatsächlichen Untersuchungen an den Seen kam, wurde dies verneint.
Kein Wunder, weil besagte Seen seit Jahrzehnten Bestnoten bei der EU-Badegewässerqualität haben. https://www.berlin.de/badegewaesser/eu-einstufung/index.html
Aber wer will schon Fakten, wenn man endlich eine Lösung für seinen allgemeinen Frust gefunden hat und der Hass-Keim endlich aktiviert ist.
Im Fall der braunen Vergifter werden Asylantenheime angezündet, im Fall der grünen Vergifter werden totbringende Hundeköder ausgelegt und zum „Hundeschlachten am Schlachtensee“ aufgerufen.
Egal, es finden sich ja genug die mitmachen. Also kann es so ganz falsch nicht sein.
„Die anderen haben aber auch selber schuld. Die will doch keiner hier. Sollen die doch woanders hingehen! Das müssen die aber auch endlich mal einsehen! Asoziales Pack das. Wenn ich einen sehe, haue ich ihm welche aufs Maul.“
Sie können jetzt übrigens selbst entscheiden, ob Sie die vorherigen Sätze den braunen oder grünen Fanatikern zuschreiben wollen. Es passt auf beide.
Die eiserne Seen-Lady betonte bei jeder Rückfrage ihre Kompromisslosigkeit, lehnte jedes ernsthafte Gespräch zu einer eventuellen Bürgerbeteiligung ab und summte ihr Durchhaltemantra „es ist doch nur für ein oder zwei Jahre“.
Heimlich schaffte sie im Hintergrund Fakten und ließ einen hohen Zaun um Teile der Seen errichten. Zäune und Berlin – ein sehr spezielles Thema. Ulbricht und Honecker lachen sich gerade scheckig im Grab. Die frei lebenden Wildschweine in dem Gebiet weniger: die kommen jetzt nicht mehr ans Wasser. Alles für den Naturschutz.
Zeugen berichten, dass sich die Dame nach Fertigstellung der „MV-Wall“, staatsmännisch im dicken Geländewagen durch die Natur chauffieren ließ um „sich ein Bild von der Lage vor Ort“ zu machen. Das nenne ich Standing! Wallwatching – ein neues Geschäftsfeld für Berlin Touristik?!
Nicht überliefert ist, ob sie dabei huldvoll aus dem Wagen winkte und Grünenwähler mit verklärt, glücklichen Gesichtern und Fähnchen schwingend den Weg säumten um sich allzeitbereit in die Schlaglöcher vor dem Fahrzeug zu werfen.
Ebenfalls unklar ist, ob ihr Bekannter Elmar Lakenberg, Leiter der Berliner Forsten am Steuer saß. Elmar Lakenberg macht sicher insgesamt eine ausgezeichnete Arbeit. Zu trauriger Berühmtheit kam der arme Mann allerdings in einem Interview im ZDF Morgenmagazin vom 8.7.2015. Da behauptet er doch tatsächlich vor laufenden Kameras, dass das Buddeln von Hunden zum Umstürzen von Bäumen führt. Nochmal, falls Sie es überlesen haben und/oder weil´s so schön ist: Das Buddeln von Hunden führt zum Umstürzen von Bäumen, sagt der Oberförster. Echt wahr.
Zu seiner Verteidigung sei gesagt, dass am Tag des Interviews sehr hohe Außentemperaturen zu verzeichnen waren. Sollte die Hitze nicht ursächlich für das punktuelle Verschmoren einiger Synapsenverbindungen im Hypothalamus verantwortlich sein, empfehle ich einen Auffrischungskurs zum Thema: „Unterschiedliches Umgangsverhalten von Sauriern, Bibern und Hunden im Bezug auf freitragende, hochwachsende und verholzende, in der Regel einstämmige, Gewächse mit umfangreichen Wurzelwerk (vulgär: Bäume)“. Dem Mann muss doch wenigsten fachlich zu helfen sein.
Sollten Sie bis hierher gelesen haben, fühlen Sie sich bitte umarmt. Ich bin sehr stolz auf Sie!
Der bunte Strauß an Absurditäten wird noch größer.
Nehmen wir den Berliner Staatssekretär für Verkehr und Umwelt, Christian Gaebler (SPD). Der Gute Christian war zu Anfang ganz weit vorne. Christa (MV) versuchte sich bei dem einen oder anderen Angriff auf ihren glorreichen Beschluss zum sogenannten „Hundeverbot“ wegzuducken und verwies liebevoll auf den Kollegen Staatssekretär. Zuerst war er auch noch Gentleman und fing mit breiter Brust die Einschläge ab. Irgendwann muss ihm aber die Luft zu lange weggeblieben sein. Als guter Politiker hat er sich dann charmant aus der vordersten Front – also der Auseinandersetzung mit dem Wahlvolk – zurückgezogen und Miss Green stand allein im Sperrfeuer. Er ist eben klug der Mann.
Gerüchte, dass Herr Gaebler (SPD) als Staatssekretär und zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der landeseigenen Servicegesellschaft „Grün in Berlin GmbH“ einen listigen Masterplan verfolgt und aus dem Hintergrund als angeblicher „Ober-Hundehasser“ viele Strippen gegen das Halten von Hunden in Berlin zieht, sind nicht bestätigt.
Bestätigt ist hingegen, dass der Mensch in insgesamt 7 Aufsichtsräten von Berliner Gesellschaften sitzt: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/de/gaebler.shtml
Dass er Vizepräsident im Chorverband Berlin ist, macht ihn wieder sympathisch. Bei seinen gleichzeitigen Mitgliedschaften beim 1. FC Union UND Hertha könnte man eine Abneigung zur Positionierung vermuten. Jeder ist eben so, wie er ist. Das kann man ihm nicht vorwerfen. Er ist eben klug der Mann.
Noch spannender wird es bei der nächsten Persönlichkeit der Berlin-Hundeconnection. Thomas Heilmann (CDU) Senator für Justiz und Verbraucherschutz.
Der aus Dortmund stammende Volljurist hat im Gegensatz zu seinen Kollegen schon wirklich was auf die Beine gestellt. Er ist ein echter Geldvermehrer – kein Geldverbrenner. Respekt. Jeder von uns kennt seine ehemalige Firma „Scholz & Friends“. DIE deutsche Werbeagentur. Die Agentur schafft für das Who is Who der deutschen Wirtschaft Öffentlichkeit. Auch Regierungsaufträge stehen in den Büchern der Firma. Schöne Worte und Bilder er- und gefunden, Produkte und Dienstleistungen an den Verbraucher gebracht. Zum Wohle aller. Ok, also ganz sicher zum Wohle der Anbieter und der Agentur. Von dieser wirklich prestigeträchtigen und preisgekrönten Agentur war Thomas Heilmann neun Jahre lang der Vorstandsvorsitzende! Der Mann kann nachweislich verkaufen und weiß, wie man Geld macht!
Was hat diesen Mann nur geritten? Finanziell unabhängig bis in seine 3. Folgegeneration und erfolgreicher Geschäftsmann.
Kühe gehen aufs Eis, Menschen in die Politik. Mir wird beides immer ein Rätsel bleiben.
Nun gut, Vergangenheitsaufarbeitung führt hier nicht zum Ziel. Der Mensch ist nun im Moloch der Politik. Die Jungs und Mädels an diesen Stellen brauchen ja immer Themen. Ohne Thema und öffentlichen Statements, keine Wahrnehmung von außen = Zonk. (Es ist Ihnen an dieser Stelle freigestellt, das Zonkgeräusch gedanklich nachzuahmen). Aber der Mann ist angetreten um zu gewinnen, nicht um seiner Frau und den 4 Kindern dieses lächerliche Stofftier vor die Füße zu werfen. Irgendjemand muss ihm vor Zeiten mal nen „guten“ Tipp gegeben haben. So zum profilieren und so. „Heißes Eisen, aber wenn es einer kann, dann du Thomas“ könnte der Wortlaut des guten Parteifreundes gelautet haben. Obwohl Thomas mit Worten umgehen konnte, sie meisterhaft einzusetzen vermochte, neue Sinnzusammenhänge wie kaum ein anderer kreierte, kannte er damals noch nicht die einfacher Steigerungsform des Wortes „Feind“: Parteifreund.
Vermutlich ist ihm das heute alles viel deutlicher und er würde das Thema Hundegesetz auf keinen, nein, auf gar keinen Fall erneut anfassen. Sein Entwurf zum neuen Berliner Hundegesetz zeigt, dass er sich von den Betonköpfen in seiner Nähe in die Ecke hat treiben lassen. Die durch ihn erstellte Gesetzesvorlage ist frei von jeglicher Kreativität, Einfühlungsvermögen, Sachverstand im Bereich Hunde und Empathie für Hundehalter. Dieses Dokument sucht nicht den vorher angepriesenen Ausgleich zwischen den Bevölkerungsgruppen, es sucht die Konfrontation mit Strafandrohung. Es tut mir leid Herr Senator. Sie hätten sich mehr auf die anderen Talente in Ihrem Kopf und in Ihrem Herzen verlassen sollen.
Der Versuch des Bello-Dialogs ist als hohle Marketingkampagne aufgeflogen. Die Bezirksbürgermeisterversammlung hat den Entwurf abgelehnt und Sie, lieber Senator, erleben gerade live am Beispiel der Markl-Vieto, dass man mit einseitigen Verboten, basierend auf Unwahrheiten, immer wieder die Argumentation nachbessern muss. Peinlich. Oder? Nicht Ihr Stil. Oder?
Wenn Sie also zukünftig Bürgermeister von Berlin werden wollen, zeigen Sie durch Ihre Taten, dass Sie unterschiedliche Interessen verbinden können und nicht eine Bevölkerungsgruppe, wie Ihre Kollegin in Ihrem Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf, schutzlos zu Geächteten machen und die Eskalation als legitimes politisches Mittel betrachten.
Entscheiden Sie sich lieber Thomas Heilmann, ob Sie als visionärer und charismatischer Mensch im Format eines Ernst Reuter, Willy Brandt und Richard von Weizsäcker oder doch eher als farbloser Verwaltungskleingeist zukünftig zur Bürgermeisterwahl in Berlin antreten wollen.
Das ist Ihre Chance Herr Senator, kooperieren Sie auch mit den Hundefreunden innerhalb und außerhalb Ihrer Partei. Es gibt derer übrigens viele.
Zeigen Sie Größe und setzen den Entwurf im Sinne eines Miteinanders komplett neu auf.
Ulrich Haarhaus, Sprecher der Bürgerinitiative Berliner Schnauzen
Im Web: http://www.berlinerschnauzen.de
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Siehe auch:
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- Sogenanntes Hundeverbot steht über dem Grundgesetz
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- “Bello-Dialog” von Heilmann und das neue Hundegesetz
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- Berlin-Schlachtensee: Beleidigungen und Übergriffe gegen Hundehalter
- Verordnung Schlachtensee: Der Rucksackberliner und die Folgen
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