Derartiges hören wir mehrmals täglich am Tresen unserer Praxis und – merkwürdigerweise vermehrt am Samstag, besonders dann, wenn das Wartezezimmer „knallvoll“ ist.
Es nervt wirklich.
Wir fragen dann: „Was für Würmer haben denn Ihr Hund und ihre Katze?“
Antwort so oder so ähnlich: „Ja, nö, die haben keine – aber meine Frau schickt mich.“
„Ach was!“ hätte Loriot jetzt wohl gesagt.
Dann steht man da wie „Ochse“ und fragt sich, was das soll?
„Ach so, Sie wollen mal wieder ihr Gewissen reinwaschen. Und Ihre Frau, die hat am Samstag alles im Griff. Sie erinnert sich an die Horrorstories in irgendwelchen bunten Blättchen, in denen regelmäßige Wurmkuren für Hunde und Katzen gefordert werden…“
Wir sind aber Tierärzte und keine Verkaufsschwengel der Pharmaindustrie. Wir haben die Verantwortung bei der Übergabe oder Rezeptur von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Und die verordnet man wann? Dann, wenn es notwendig ist. Aber – mal für jeden Konsumdussel zum hinter die Löffel kleben: Wurmkuren sind – wie viele andere Arzneimittel in der Regel – verschreibungspflichtig.
Wurmkuren sind Gifte, die nicht nur von Würmern aufgenommen werden, sondern auch vom Wirtstier. In der Mehrzahl sind es neurotoxische Stoffe, die bei Würmern zu Lähmungen führen, damit sie über den Stuhlgang ausgeschieden werden. Die Hersteller solcher Mittel behaupten zwar, „die machen beim Hund oder der Katze nix..“, was zu bezweifeln wäre, denn die meisten dieser Stoffe sind geeignet, Nervenschäden auch beim Wirtstier zu verursachen – besonders bei regelmäßiger Gabe. Zudem machen sie das Immunsystem „platt“. Man frage mal die Pharmafuzzies an den Universitäten, was eine LD50-Dosis ist…
Damit eines klar ist: Parasiten wie Würmer oder sonstige Fieslinge gehören nicht in den Darm eines Hundes oder einer Katze. Wenn ein Befund da ist (Kotuntersuchung im Labor), dann sollte man derartige Mittel gezielt nutzen – aber bitte nicht als „Dauerberieselung“ und schon gar nicht, um auf kurzem Wege sein Gewissen zu beruhigen.
Übrigens: die meisten Wurmkuren sind teurer als die Kotuntersuchung im Labor.
Kürzlich brachte es mein Sohn Steven fertig, sich eine geschlagene halbe Stunde mit einer Hundehalterin „ein´ abzusabbeln“, die es sich in den Kopf gesetzt hatte, mal eben eine Wurmkur beim Tierarzt „`rauszuholen.“
Maine Güde, es nervt, wenn Tierhalter ohne nachzudenken an Gifte ranwollen, um sie ihren Haustieren nach ihrem Gusto reinzuballern.
Warum diese Sprache? Die perfiden Strategien in den oberen Etagen der Pharmafirmen führen tatsächlich zu partieller Verblödung vieler Tierhalter: 1000 Lügen machen eine Wahrheit – zum Segen der Pharmaumsätze und der Bonis der Vorstände. Hinterhältig wird den Tierärztinnen und Tierärzten bei Kongressen mit schönen Schaubildchen und anschließendem „GetTogether am Buffet“ verklart, wie viel Kohle sie den Tierhaltern aus der Tasche leiern können, wenn sie nur immer auf der Angstkeule herumreiten. Unverschämterweise macht man so Tierärztinnen und Tierärzte zu Zombies, die ohne nachzudenken hinter der Kohle her jachtern. Der so geschaffene Mainstream macht´s möglich.
Erinnern wir uns: Irgendwann kam eine Pharmafirma auf die Idee, den Umsatz ihrer Wurmmittel dadurch anzuheben, indem sie einen Werbeslogan kreierten, dass eine Wurmkur „lecker“ sei – wohl wissend dass die meisten Tierhalter die leckere Wurmkur mit „Leckerlies“ verwechseln…
Es war übrigens dieselbe Firma, die den Tierärztinnen und Tierärzten Aufkleber andrehte, auf denen der schöne Satz zu lesen war: „Haben Sie heute schon ihren Tierarzt gelobt?“
Maine Güde…aua aua.
Dirk Schrader, ist leitender Tierarzt des Tierärztlichen Instituts für angewandte Kleintiermedizin, Autor und Inhaber der Website Kritische Tiermedizin in Hamburg–Rahlstedt.
Siehe auch:
- Karotten sind gesund und können heilen!
- Durchfallerkrankungen
- Giardien
- Ernährungslexikon
- Hundekrankheiten
- Mehr Transparenz und Ethik in der Tiermedizin
Foto: Fotolia
Ein sehr interessanter Artikel, vielen Dank!
Aber wie sieht die Sache bei den gefürchteten südländischen Herzwürmern aus? Mein TA hat mir hier geraten, davor und danach zu entwurmen… Nachdem meine Hündin nun aber Anaplasmose hat, möchte ich sie natürlich so wenig wie möglich belasten.
Danke für Ihre Antwort!
joa, hiut ab vor jenen tierärzten, die wirklich versuchen die tierhalter zu mehr eigenständigem denken zu bewegen. leider ist es meist doch eher umgekehrt.
gestern hat meine katze etwas erbrochen, 20 cm, weiß, ich hielt es auf den ersten blick für ne wurstpelle, nach genauerem betrachten, war ich mir zu 90% sicher, daß es ein teil eines bandwurmes war. ich das teil eingepackt in ein schraubglas und ab zum tierarzt. eigentlich wollte ich a nur die bestätigung meiner feststellung und b eine tablette, gegen eben diese bandwürmer und fertig.
die katze ließ ich schlafend auf dem bett liegen und in der praxis kam es dann anders, als gedacht. zuerst erhielt ich eine recht detailierte beschreibung über den ablauf eines bandwurm befalles und eines rundwurmbefalles, was ich sogar sehr nett fand, so war ich wieder bißchen schlauer, danach folgte dann allerdings der eher weniger nette teil. mir wurde dazu geraten, gegen bandwürmer zu entwurmen und das nochmal in 4-6 wochen zu wiederholen, kein ding, bei der größe des wurmes und in betracht der tatsache, daß ich immer nur entwurme, wenn ein wurmbefall vorliegt und meine katze somit zeit ihres lebens (9 jahre) gerade zweimal eine entwurmung hatte. gut, dann sollte mir aber auch gelich noch eine entwurmung gegen rundwürmer aufgeschwatzt werden plus ein mittel gegen flöhe. auf meinen einwand, meine katze hätte keine flöhe, wurde nicht eingegangen, bzw, nur beiläufig erwähnt, könnte aber sein, daß doch. o.O
joa, könnte auch sein, daß ihr morgen flügel wachsen und ich sie ab dann mit vogelfutter füttern muß, dachte ich mir nur. da ich ohnehin schon 30 minuten dort stand und einem monolog lauschte und wneig lust auf eine wahrscheinlich ausufernde diskussion über diese nicht vorhandene notwendigkeit, hatte, sagte ich kurzerhand, ich hätte noch stronghold zu hause, ich wußte, daß es sowohl gegen flöhe, als auch rundwürmer wirkte, damit war zumindest schobmal das verklaufsgespräch beendet, DACHTE ich.
als nächtest folgte dann der ratschlag, daß es bei einem freigänger, der mäuse fängt und frißt und auch kontakt zu flöhen auf anderen katzen habe, ohnehin ratsam wäre, alles alle 4-6 wochen zu wiederholen, um auch ganz sicher zu gehen, daß die katze nix hat. o.O da blieb mir dann ehrlich gesagt die spucke weg.
das hieße, alle 4-6 wochen ein flohmittel auf die katze und im wechsel alle 4 wochen entweder ein band- oder ein rundwurmmittel.
ich hab nix gesagt, 88 cent für eine tablette gezahlt, welche ich halbiert auf die angeratenen zwei mal geben kann und bin dann nach hause, zu meiner horrorkatze, die wahrscheinlich von kopf bis fuß nur deswegen schwarz ist, weil ein floh am anderen sitzt und die sich eigentlich nur auf grund von wurmbewegungen in ihrem inneren noch vorwärtsbewegt.*ironieoff
meine katze ist 9, erfreut sich bester gesundheit und das trotz eines wohl recht großen bandwurmes. null gewichtsverlust, glattes glänzendes fell, gesunde zähne, nie wirklich krank und warum, eben weil ich darauf achte sie nicht mit jeder chemie im kürzesten abstand voll zu pumpen, weil ich darauf achte, was sie zu fut5tern bekommt, sofern sie mir die entscheidung überläßt und nicht außer haus futtert, weil ich darauf achte, nicht mit kanonen auf spatzen zu schießen, …..
aber ich bin ja nur laie, hab kein vetstudium hinter mich gebracht und höchstwahrscheinlich ohnehin von tuten und blasen keine ahnung.
wovon ich am ende dann wohl wirklich keine ahnung hätte, wie würde ich als möglicher tierarzt meine praxiskosten decken. wenn uch nen durchfallhund mit dem hinweis nach hause schicke, der besitzer solle ihm die karottensuppe nach moro kochen oder den impfling darauf hzinweise, daß es überflüssig ist jedes jahr das volle programm zu fahren, …. damit würde meine kasse wohl leer, die tiere aber wohl weit gesünder bleiben.